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Horst Neitzel ist zu beneiden. Er hatte ein Jahr
lang freien Zutritt zum „Astoria“, und das als
junger Student, der sich die Karten niemals
hätte leisten können. Wie teuer sie regulär
waren, daran erinnert er sich nicht, bisher auch
keiner der anderen Zeitzeugen. Eine Anzeige aus
dem Sommer 1953, der flauen Jahreszeit,
verspricht wochentags nachmittags freien
Eintritt und an Sonntagen nachmittags ermäßigten
Einlass zum Preis von einer Mark. Horst Neitzel
aber war 1950 Nacht für Nacht gratis im
Weltklassevarieté.
Der junge Mann im dunklen Anzug war eigentlich
nicht zum Vergnügen im Haus. „Emil Fritz wollte
die 250 000 Mark für die Klimaanlage nicht
bezahlen“, sagt Neitzel. Der Varietéchef habe
reklamiert, die Technik funktioniere nicht
richtig, es ziehe. Also habe die Herstellerfirma
ihn abgestellt, um die Anlage ein Jahr lang zu
überwachen. Ein Traumjob für den Studenten aus
der Bismarckstraße.
Horst Neitzel lernte viele Angestellte des
Hauses und noch mehr Künstlerinnen und Künstler
kennen, auf deren Wertsachen er während der
Vorstellung aufpasste. „Ich war ein lebender
Aufbewahrungsschrank für Schmuck“, erzählt er
amüsiert. Einmal habe eine Barfrau sich einen
Ring bei ihm zu Hause abholen wollen - das
sorgte für Gesprächsstoff.
Musik mag Horst Neitzel, er tanzt gern, ist
Mitglied im Grün-Gold-Club. Und auch Musiker
schrieben ihm Autogramme.
Wie die „Syncopias“ oder die Eddi Flöderer
Combo. Weitere Namen von Bekannten fallen ihm
ein: der Bühnentechniker Goldmann, Frau Mull,
die das Hauspersonal unter sich hatte, Franz
Ciczulski, „Miss Bremen“ Gonda Sureen, und der
Grafiker Heinz Fehling aus Scheeßel, dem in der
Ausstellung eine eigene Tafel gewidmet ist.
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